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Aufgespießt: Holz und Fleisch im Lebensmittelrecht

Zählt er oder zählt er nicht – der Holzspieß, der die Bratwurst in Form hält? Ist der Spieß damit auch Teil des Produkts und darf statt als Tara (=Verpackungsgewicht) als Nettogewicht aufgeführt werden? Was ist beim Schaschlik-Spieß? Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat im konkretem Fall eines fleischverarbeitenden Betriebes entschieden, dass solche Spieße klar Netto und nicht Tara sind. Gegen einen Mitarbeiter (nämlich den zuständigen Fleischermeister) des Unternehmens war ein Bußgeldbescheid erlassen worden, nachdem das Eichamt Fertigpackungen mit den Produkten „Bratwurstspieße H. W.“ und „Bosporusspieße H. W.“ einer Prüfung nach Gewicht unterzogen hatten. 

In seiner Urteilsbegründung verwies das Verwaltungsgericht auf das Gesetz über das Mess- und Eichwesen (EichG) und die Verordnung über Fertigpackungen – Fertigpackungsverordnung (FPackVO): Nach § 1 Nr. 1 des EichG ist es dessen Zweck, den Verbraucher beim Erwerb messbarer Güter zu schützen, wobei bei Fertigpackungen die Nennfüllmengen angegeben sein müssen und die Füllmengen den festgelegten Anforderungen entsprechen müssen. Streitig war, ob die Holzspieße der genannten Produkte zur Füllmenge oder zur Verpackung zu zählen sind.

Die Ware könne verpackungsrechtlich nicht zugleich Verpackung sein kann, so das Gericht. Der Holzspieß ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts integrativer Bestandteil der Ware Bratwurstspieß bzw. Bosporus-Spieß, er ist wesenstypisch für das Produkt. Der Spieß ist nach der Verkehrsanschauung originärer und damit wesensgemäßer Produktbestandteil.

Nicht entscheidend sei dabei, dass der Holzspieß nicht zum Verzehr geeignet ist. Dieser Umstand gilt nach den von den Eichbehörden herangezogenen Richtlinien zur Füllmengenprüfung von Fertigpackungen auch für andere und dennoch zur Füllmenge zu zählenden Teile von Waren. Typischerweise kann man da an künstliche Wursthüllen, Drahtbinder und Clips als Abbinder von Wurstenden oder etwa künstlichen Käserinden denken – zur Füllmenge zählt ja auch zum Beispiel bei Dauerlutschern der Stiel. Entsprechend gilt etwa für den Rollmops, dass er ohne die Holzstäbchen, welche seine gerollte Form ermöglichen, einfach nur ein Bismarckhering ist.

Da es sich bei dem Holzspieß also um einen notwendigen Warenbestandteil handelt, der nach der Verkehrsanschauung als Einheit mit dem Produkt dessen Besonderheit ausmacht, liegt kein Schutz vor Täuschung des Verbrauchers vor.

Verwaltungsgericht Sigmaringen, Urteil vom 6. September 2012 – 8 K 1602/10

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