Was passiert eigentlich, wenn nach dem Tod eines Angehörigen ein Testament auftaucht, das etliche Streichungen und Änderungen enthält? Gilt dieses weiterhin oder haben die Erben damit vielleicht doch Probleme – etwa, wenn Streichungen zu Ungunsten einer der Erben ausfallen? Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im September 2017 darüber verhandelt.
Streitentscheidend war letztlich die Frage, ob der Erblasser die Streichungen selbst vorgenommen hatte. Den Beweis hierfür sah das OLG im konkreten Fall als nicht gegeben an. Zwar hatte das Nachlassgericht aufgrund der Aussagen der Zeugen dies als „zu seiner vollen Überzeugung feststehend“ angenommen, eine Begründung aber nicht genannt.
Keiner der Beteiligten und Zeugen hat nämlich persönlich wahrgenommen, dass der Erblasser selbst die Streichungen durchführte. Es hätten jedenfalls theoretisch auch irgendwelche Dritte die Möglichkeit zur Einwirkung auf die Urkunde gehabt. Daher stand die Vermutung, dass die Streichung vom Erblasser stammt auf tönernen Füßen – zu wenig Fakten jedenfalls für das OLG Düsseldorf.
Es könne ja auch sein, so das OLG, dass der durch die Streichung naheliegende Widerruf der Testaments erst mit der Errichtung eines neuen Testaments gelten soll. So war es vermutlich im zu verhandelnden Fall, denn die Streichung würde hier bewirken, dass keine gesetzlichen Erben mehr bedacht werden sollen. Das widersprach aber dem Willen des Erblassers, der sein Vermögen keineswegs dem Fiskus, sondern denjenigen Menschen zukommen lassen wollte, die ihm zu Lebzeiten zur Seite standen.
Materiell muss ein Beteiligter – wenn sich dieser im Erbscheinsverfahren auf Streichungen des Erblassers berufen will, die zur Folge hätten, dass er erbrechtlich begünstigt wäre – die Urheberschaft des Erblassers an diesen Streichungen beweisen. Hierfür gab es aber eben im konkreten Fall aber keinen Anschein und keine Vermutung. Den Sachverhalt zu Gunsten der durch die Streichung Berechtigten zu beweisen, wird praktisch schwierig.
Das Urteil des Düsseldorfer OLG bekräftigt es ganz klar: Wenn Streichungen im Testament vorliegen, die nachweisbar durch den Erblasser erfolgten, wird dessen Änderungswille vermutet. Dagegen kann insbesondere sprechen, dass das Testament längere Zeit unverschlossen aufbewahrt wurde und theoretisch Dritten zugänglich war und dass die Personen, die ein solches Testament auffinden, in persönlicher / verwandtschaftliche Beziehung zu Beteiligten im Erbscheinsverfahren stehen.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.09.2017 AZ – I-3 Wx 63/16 –