Ein Dachdecker führte am Flachdach eines Hauses Reparaturarbeiten durch. Im Verlauf der mit Hilfe eines Brenners durchgeführten Heißklebearbeiten verursachte er schuldhaft die Entstehung eines Glutnestes unter den aufgeschweißten Bahnen. Durch den Brand und die Löscharbeiten wurde das an das brennende Haus unmittelbar angebaute Haus der Nachbarn erheblich beschädigt.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im Februar 2018 entschieden, dass ein Grundstückseigentümer, der einen Handwerker Reparaturarbeiten am Haus vornehmen lässt, gegenüber dem Nachbarn verantwortlich ist, wenn das Nachbarhaus infolge der Arbeiten in Brand gerät und das Nachbargrundstück dabei beschädigt wird. Dass der Handwerker sorgfältig ausgesucht wurde, ändert daran nichts.
In der Berufung der Klägerin hatte diese zunächst keinen Erfolg. Nach Ansicht des zuständigen Oberlandesgerichts Naumburg sind die Beklagten nicht zum Ersatz verpflichtet. Eine Haftung aus unerlaubter Handlung scheide aus, da keine Anhaltspunkte bestünden, dass ihre Rechtsvorgänger (die inzwischen verstorbenen Eigentümer) den Dachdecker nicht sorgfältig ausgewählt hätten. Mit der sorgfältigen Auswahl sei alles Erforderliche getan, um das Risiko eines Brandschadens im Zuge der Dachdeckerarbeiten auszuschließen.
Der V. Zivilsenat des BGH sah dies jedoch anders: Ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch ist gegeben, wenn von einem Grundstück rechtswidrige Einwirkungen auf ein anderes Grundstück ausgehen, die der Eigentümer oder Besitzer des betroffenen Grundstücks nicht dulden muss. In diesem Fall des Brandes entstehen dem Besitzer des Nachbarhaus mehr als eindeutig Nachteile, die das zumutbare Maß einer entschädigungslos hinzunehmenden Beeinträchtigung übersteigen.
Hiervon ist besonders auszugehen, wenn ein Brand auf ein fremdes Grundstück übergreift, da der Nachbar die Gefahr in aller Regel nicht erkennen und die Einwirkungen auf sein Grundstück daher nicht rechtzeitig abwehren kann.
Im vorliegenden Fall hat der BGH die so genannte „Störer-Eigenschaft“ zuerkannt. Die Verantwortlichkeit der Beklagten stehe nicht entgegen, dass der Brand auf die Handlung eines Dritten, nämlich auf den mit der Dachreparatur beauftragten Handwerkers zurückzuführen sei. Für die Störer-Eigenschaft sei ausschließlich erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Nachbarhaus wenigstens mittelbar auf den Willen dessen Eigentümers oder Besitzers zurückgehe.
Dass die ehemaligen Auftraggeber den Handwerker sorgfältig ausgesucht und ihm die konkrete Ausführungsart nicht vorgeschrieben hatten, ändere nichts daran, dass sie mit der Beauftragung von Dacharbeiten eine Gefahrenquelle geschaffen hätten und damit der bei der Auftragsausführung verursachte Brand auf Umständen beruhe, die ihrem Einflussbereich zuzurechnen seien.
Bundesgerichtshof; Urteil vom 9. Februar 2018; AZ – V ZR 311/16 –