Gerade in Zeiten der Hochkonjunktur passiert es immer wieder: Arbeitnehmer haben noch Resturlaub, der über das Jahr hinaus nicht genommen wurde. Oft gibt es unternehmensinterne Vereinbarungen, dass diese Ansprüche dann innerhalb des ersten Kalendervierteljahrs abgegolten werden müssen. Sind nicht Urlaubsansprüche nur in dem aktuellen Jahr gültig? Und die wichtige Frage: Gilt eine solche Vereinbarung – oft nur als mündliche Absprache – ohne weitere Bedingungen? Nun, das Landesarbeitsgericht Köln hat im April 2019 entschieden, dass der Urlaubsanspruch eines Arbeitnehmers in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres (oder einer solchen vereinbarten Frist) erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor eindeutig über seinen Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat.
Der vorliegende Fall hatte noch eine Besonderheit, denn bezüglich der Urlaubsansprüche des Klägers trafen die Parteien im Arbeitsvertrag eine Regelung, wonach dieser seinen Jahresurlaub auf eigenen Wunsch in Form einer wöchentlichen Arbeitszeitverkürzung nahm. Statt der bezahlten 30 Stunden/Woche arbeitete der Kläger nur 27,5 Stunden/Woche.
Die Gewährung eines darüber hinausgehenden Urlaubs hatte der Kläger während der Zeit des Arbeitsverhältnisses nicht verlangt. Nach drei Jahren wurde dann dieses beendet und der Kläger verlangte einen finanziellen Ausgleich für den in den Jahren 2014, 2015 und 2016 nicht gewährten Urlaubs. Zu beachten ist, dass die Urlaubsansprüche des Klägers durch den geringeren Arbeitszeitumfang faktisch nicht erfüllt wurden.
In erster Instanz hatte der Arbeitnehmer zunächst keinen Erfolg. Die Berufung des Klägers vor dem Landesarbeitsgericht Köln sah dann schon anders aus: Nach der Bewertung des Gerichts waren die Urlaubsansprüche des Klägers durch den geringeren Arbeitszeitumfang nämlich nicht erfüllt worden. Hauptargument hier war, dass die wöchentliche Arbeitszeitverkürzung keinen Erholungsurlaub im Sinne des Bundesurlaubsgesetzes darstelle. Damit verbinden war auch der klare Hinweis, dass Arbeitgeber deutlich auf drohenden Verfall von Urlaub hinweisen müssen – und das auch nicht nur für das gerade laufende Jahr.
Die Urlaubsansprüche des Klägers seien auch nicht verfallen, denn laut europäischem Recht verfalle der Urlaub eines Arbeitnehmers in der Regel nur, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor konkret aufgefordert habe, den Urlaub zu nehmen. Darauf muss er ihn ebenso klar und rechtzeitig hinweisen wie auf die Tatsache, dass der Urlaubsanspruch anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlöschen kann.
Das Gericht betonte in seinem Urteil, dass auf jeden Fall dem Arbeitgeber die Initiativlast zufällt, noch im laufenden Kalenderjahr den Arbeitnehmer konkret aufzufordern, den Urlaub zu nehmen, was sich im Zweifel eben auch auf den Urlaub aus vorangegangenen Kalenderjahren beziehen könne.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 09.04.2019; AZ – 4 Sa 242/18 –