Beim Ausparken – auch in einer Einbahnstraße – muss man als Autofahrer auch mit Radfahrern, Fußgängern oder Fahrzeugen mit Sonderrechten, die in entgegengesetzter Richtung der Einbahnstraße unterwegs sind, rechnen. Das geht klar aus dem Urteil des Oberlandesgericht Oldenburg vom April 2018 hervor.
Im zugrunde liegenden Streitfall wollte ein Mann rückwärts aus einer Parkbucht auf einem Autobahnparkplatz bei Melle ausparken. Er kollidierte mit einem Transporter der Straßenbaubehörde, das die Fahrgasse entgegen der Einbahnstraßenregelung befuhr. Der Mann und die Straßenbaubehörde gaben sich daraufhin gegenseitig die Schuld und forderten jeweils Schadensersatz voneinander.
Das zunächst angerufene Landgericht gab der Behörde recht. Deren Mitarbeiter hätte korrekt gehandelt. Er dürfe die Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung befahren, da es sich um eine Fahrt zur Kontrolle des Parkplatzes auf mögliche Schäden gehandelt habe. Das Behördenfahrzeug sei auch ordnungsgemäß durch weiß-rote-weiße Warnzeichen gekennzeichnet gewesen und zudem extrem langsam gefahren. Mit dieser Entscheidung ist der betroffene Autofahrer aber nicht einverstanden gewesen und hatte sich an das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg gewandt.
Das OLG konnte die Argumente des Mannes nicht nachvollziehen – hätte beim Ausparken beide Fahrtrichtungen absichern müssen. Er habe damit rechnen müssen, dass ein solches Spezial-Fahrzeug oder auch ein Fußgänger die Einbahnstraße in der entgegengesetzten Richtung nutze.
Das Gericht ging sogar noch weiter: Der Behördenmitarbeiter habe sich ordnungsgemäß verhalten, indem er das ihm gesetzlich eingeräumte Sonderrecht wahrgenommen habe. Für ihn sei der Unfall auch im konkreten Fall nicht mehr vermeidbar gewesen. Ein Autofahrer müsse sich beim Rückwärtsausparken laufend darüber vergewissern, dass niemand zu Schaden komme. Und: Der übrige Verkehr müsse darauf vertrauen können, dass der Ausparkende auch bei einem bereits begonnenen Ausparkmanöver andere Verkehrsteilnehmer wahrnehme und gegebenenfalls das Auto rechtzeitig zum Stehen bringe.
Zu einem endgültigen Urteil kam es nicht, der Autofahrer nahm nach den Ausführungen des OLG seine Berufung zurück.
Oberlandesgericht Oldenburg, Hinweisverfügung vom 23.4.2018; AZ – 4 U 11/18 –