Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt der Verdacht nahe, dass eine Eigenbedarfskündigung nur vorgeschoben ist, wenn der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des Mieters nicht in die Tat umsetzt. Und das war auch Grundlage der Entscheidung des Landgericht Berlin vom März 2018, in dem es erkannte, dass eine „Schadensersatzpflicht des Vermieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs“ dazu führt, dass dem gekündigten Mieter ein Schadenersatz zusteht.
Im vorliegenden Fall begründete der Vermieter die Kündigung wegen Eigenbedarf für seinen Bruder mit Familie. Nach dem Auszug wurde die Wohnung jedoch an eine Flüchtlingsfamilie vermietet. Angeblich könne der Bruder, so der Beklagte, aufgrund eines Schlaganfalls die Wohnung nicht mehr nutzen. Dies habe sich erst nach Auszug ereignet.
Tatsächlich fehle es laut Urteil an einem hinreichenden, mithin galubhaften Vorbringen von Gründen des Beklagten. Sein Vortrag weise vielmehr erhebliche Widersprüche auf. Mit Schreiben seines Anwalts ließ er so etwa behaupten, dass sein Bruder im Dezember 2015 einen Schlaganfall erlitten habe und ein mehrwöchiger Krankenhausaufenthalt erfolgt sei. Um Leerstand zu verhindern, sei die Wohnung wegen des Schlaganfalls befristet bis Ende Juni 2016 vermietet worden. Danach werde sie wie geplant von seinem Bruder genutzt. Mit der späteren Klageerwiderung wird zudem behauptet, dass sich der Bruder des Beklagten nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus dazu entschieden habe wegen seiner krankheitsbedingten Beeinträchtigungen vorübergehend Flüchtlinge in die Wohnung aufzunehmen.
Der Vermieter muss allerdings ganz genau und ohne Widersprüche erläutern, weshalb der geltend gemachte Eigenbedarf angeblich nachträglich entfallen ist, entschieden die Berliner Richter. Im konkreten Fall war neben diversen Ungereimtheiten bereits drei Wochen vor Entlassung des Bruders der Name der Flüchtlingsfamilie an Klingelschild und Briefkasten angebracht worden.
Grundsätzlich setzt vorgeschobener Eigenbedarf nicht zwangsläufig voraus, dass der Vermieter tatsächlich vorsätzlich täuschen wolle. Ausreichend sei aber schon, wenn der Vermieter noch nicht sicher ist, ob er die Nutzungsabsicht zum Zeitpunkt der Kündigung verwirklichen kann.
Auf Grund dieser Widersprüche und Ungereimtheiten könne, so das Berliner Landgericht von einer „stimmigen“ Darlegung des angeblichen nachträglichen Wegfalls des vorgebrachten Eigenbedarfsgrundes keine Rede sein. Es ist daher von einer vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung auszugehen, die einen Schadenersatzanspruch der Kläger begründet. Ein Schadensersatzanspruch aufgrund unberechtigter Eigenbedarfskündigung komme im übrigen nicht nur bei vorsätzlich vorgetäuschter Absicht, sondern auch bei „ungewisser Absicht“ in Betracht.
Der Kläger könne daher die aufgrund der Pflichtverletzung des Vermieters entstandenen Aufwendungen anlässlich des Wohnungswechsels (die nach Entstehung und Höhe von den Beklagten nicht bestritten werden) in der Höhe von 5.661,69 Euro verlangen. Darüber seien die geltend gemachten Mehrkosten für die neue Wohnung in Höhe von monatlich 190,91 Euro für den Zeitraum vom 1.12.2015 bis 30.11.2018 ebenfalls erstattungsfähig.