Auf einer Autobahn kam es zu einem Aufschiebeunfall, als ein großer LKW auf einen Sprinter aufstieß und diesen dadurch auf ein vorausfahrendes Wohnmobil schob. Die Besitzerin des Wohnmobils meinte gegen den Fahrer des Sprinter Anspruch auf Zahlung von Schadenersatz zu haben, da er nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand einhielt, was dieser auch zugab.
Während das Landgericht (LG) Hannover dies bejahte, erkannte das Oberlandesgericht (OLG) in Celle, dass selbst bei idealen Bedingungen ein Idealfahrer bei idealer Fahrweise mit einem idealen Fahrzeug den Unfall nicht vermeiden oder dessen Schadensfolgen zumindest hätte verringern können. Mit anderen Worten: Es gab realen Bedingungen, wie sie auf Autobahnen und Landstraßen herrschen, den Vorrang in der Bewertung der Situation.
Grundlage der Entscheidung war, dass für den Beklagten ein unabwendbares Ereignis im Sinne des §17, Abs. 3 des Straßenverkehrsgesetz (StVG) vorgelegen habe. Nach Einschätzung des OLG hat trotz Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands ein unabwendbares Ereignis für den beklagten Sprinter-Fahrer vorgelegen. Der einfache Grund: Der Unfall wäre auch bei Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstands zustande gekommen.
Ein unabwendbares Ereignis im Straßenverkehr liegt nur vor, wenn der Fahrer eines aufschiebenden Fahrzeugs (hier: des Sprinter) beweisen kann, dass es ohne den Anstoß nicht zu einem Auffahrunfall gekommen wäre. Einen solchen Beweis konnte der Beklagte nicht führen, er gab sogar zu, dass er nicht den erforderlichen Sicherheitsabstand einhielt. Dies sei aber auch unerheblich gewesen, so das Celler OLG.
Auch ein Idealfahrer, so das OLG ergänzend, muss nicht einen derart großen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug (hier: das Wohnmobil der Klägerin) einhalten, dass dieses auch für den Fall, dass ihm ein beliebig schweres Fahrzeugs mit beliebig hoher Geschwindigkeit auffährt, keinesfalls auf dieses Fahrzeug aufgeschoben werden kann.