Abmahnungen, Beschimpfungen, körperliche Gewalt – der Hausfrieden war ganz offensichtlich mehr als nur „gestört“. In einer Wohnungseigentümergemeinschaft fiel ein Eigentümer wiederholt durch massive, auch rassistische Beschimpfungen anderer Eigentümer sowie Körperverletzungen auf. Er war zur Hälfte Miteigentümer einer der Wohnungen, die andere Hälfte Eigentum seiner Ehefrau. Nachdem Abmahnungen erfolglos geblieben waren, wurde in einer Eigentümerversammlung beschlossen, gegen die beiden ein gerichtliches Eigentumsentziehungsverfahren einzuleiten und sie aufzufordern ihre gemeinsame Wohnung zu verkaufen.
Tatsächlich kann Wohnungseigentum im so genannten Bruchteilseigentum (hier: Die Wohnung gehört Mann und Frau) insgesamt entzogen werden, wenn auch nur einer der Miteigentümer den Hausfrieden nachhaltig stört. Der nicht störende Miteigentümer kann die Entziehung aber abwenden, indem dieser einige – sehr strenge – Anforderungen erfüllt.
Jedoch auch nach diesem Beschluss änderte der Mann sein auffälliges Verhalten nicht. Das Amtsgericht verurteilte schließlich beide Miteigentümer der Wohnung zum Verkauf. Bezüglich des störenden Miteigentümers ist das Urteil in jedem Fall rechtskräftig. Der BGH hatte jedoch noch darüber zu entscheiden, ob auch die zur Hälfte an der Wohnung beteiligte Ehefrau, die sich ja selbst keine Störungen hat zuschulden kommen lassen, ebenfalls zum Verkauf ihres Anteils an der Wohnung verpflichtet ist.
Es entschied, dass Wohnungseigentum in Bruchteilseigentum – wie im vorliegenden Fall – insgesamt entzogen werden kann, auch wenn nur einer der Miteigentümer einen Entziehungstatbestand wahr macht. Der nicht störende Miteigentümer (also die Ehefrau) ist aber berechtigt, die Wirkungen des Urteils bis zur Erteilung des Zuschlags dadurch abzuwenden, dass dieser den Anteil des störenden Miteigentümers selbst erwirbt und den Störer dauerhaft und uneingeschränkt aus der Wohnanlage entfernt.
Außerdem muss dieser der Eigentümergemeinschaft alle Kosten ersetzen, die dieser durch die Führung des Entziehungsprozesses und die Durchführung einer Zwangsversteigerung entstanden sind. Die Zwangsversteigerung des Miteigentumsanteils wird vermutlich nur äußerst selten gelingen, da das Interesse von Bietern an nur einem Teil an einer Wohnung mit Sicherheit sehr gering ist. Anschließend müsste ein Käufer die Rechtsprechung des BGH durchsetzen – was ebenfalls sehr unwahrscheinlich wäre, wenn der Entziehungsanspruch auf nur einen Miteigentumsanteil beschränkt ist.
Dem schützenswerten Interesse des nicht störenden Miteigentümers (also hier der Ehefrau) am Erhalt des Anteils kann dadurch Rechnung getragen werden, dass die Befugnis eingeräumt wird, die Wirkung des auch gegen sie ergehenden Urteils abzuwenden. Hierfür muss sie den Grund für die Entziehung vollständig beseitigen, indem sie den Anteil ihres Mannes erwirbt und ihn dauerhaft aus der Anlage entfernt. Dies erfordert unter anderem ein uneingeschränktes Hausverbot gegen den Störer sowie die Gewähr, dass dieses durchgesetzt werden kann.