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Zusammenstoß auf dem Seitenstreifen einer Autobahn – wie sieht es mit der Haftung aus?

Die allzu tägliche Situation: Stau; Unwetter; Autofahrer sind genervt – doch rechtfertigt das Benutzung des Seitenstreifens? Kurz gesagt: Nein, und die Konsequenzen eines entsprechenden Fehlverhaltens müssen alle beteiligten Autofahrer tragen. Das bestätigte auch das Landgericht Bochum im Oktober 2015 und damit die Entscheidung des Amtsgerichts im ersten Verfahrensschritt beim Zusammenstoß auf dem Seitenstreifen.

Ursache der Auseinandersetzung war ein Verkehrsunfall zwischen einem Pkw und einem Lkw. Aufgrund eines Unwetters hatte sich ein Stau gebildet. Der Pkw-Fahrer wich daher auf den Seitenstreifen aus, was auch der Lkw-Fahrer im Sinn hatte. Da er den auf den Seitenstreifen herannahenden Pkw nicht sah, kam es zu einer Kollision. Der Pkw-Besitzer klagte gegen die Halterin des Lkw auf Zahlung von Schadensersatz. Das Amtsgericht Recklinghausen nahm eine Haftungsverteilung von einem 1/3 zu 2/3 zu Lasten der beklagten Halterin an. Das sah der Pkw-Fahrer aber nicht ein und verlangte eine Alleinhaftung.

Kommt es auf dem Seitenstreifen einer Autobahn zu einem Zusammenstoß zweier Fahrzeuge, so haften beide Fahrzeugführer für die Unfallfolgen, wenn die Benutzung des Seitenstreifens rechtswidrig war. Da ist die Lage unmissverständlich. Das Bilden eines Staus aufgrund eines Unwetters rechtfertigt beim besten Willen nicht die „Not-Situation“ der Beteiligten und die Benutzung des Seitenstreifens.

Der Kläger selbst hat damals eindeutig gegen die Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen, da er ohne rechtfertigende Gründe den Seitenstreifen der Autobahn befuhr. Der Seitenstreifen sei als Randstreifen nur für das Halten und Benutzen in Notfällen erlaubt und sonst für den fließenden Verkehr gesperrt. Ein Notfall habe jedoch nicht vorgelegen, so die Gerichte. Es sei auch zu beachten, dass das Befahren und Halten auf dem Seitenstreifen insbesondere für den Verkehr auf den Fahrstreifen ein besonders gefahrträchtiges Fahrverhalten darstelle.

Die beklagte Lkw-Halterin habe zu recht zu 2/3 für die Unfallfolgen haften müssen, so das Landgericht, weil dem Lkw-Fahrer neben dem Verstoß gegen das Benutzungsverbot des Seitenstreifens, ein weiterer Verstoß gegen die StVO vorzuwerfen gewesen war. Er hätte bei seinem Wechsel von der rechten Fahrspur auf den Seitenstreifen besondere Sorgfalt walten lassen müssen. Er habe sich vor allem vergewissern müssen, dass durch sein Fahrmanöver kein anderes Fahrzeug auf dem Seitenstreifen gefährdet wird. Ein Zusammenstoß auf dem Seitenstreifen kann nicht folgenlos sein.

Landgericht Bochum, Urteil vom 27.10.2015; AZ – 11 S 44/15 –

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